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Gemeinschaftssinn und Nächstenliebe

Predigt von Thomas Siegers anlässlich des Wortgottesdienstes am 21.10.2012

Welch eine dreiste, ja unverschämte Bitte der beiden Jünger Jakobus und Johannes. Da möchte der eine im Reich Gottes rechts und der andere links von Jesus sitzen.

Alle anderen Jünger sind empört. Und doch denken sie insgeheim genau so. Jakobus und Johannes haben nur das ausgesprochen, was sich alle erhoffen: Die besten Plätze im Reich Gottes.

Aus heutiger Sicht können wir natürlich leicht sagen, dass die Jünger die Botschaft Jesu wohl nicht verstanden haben. Aus der damaligen Situation heraus war das aber auch schwierig. Da verbreitet jemand eine ganz neue Sichtweise, einen ganz neuen Sinn des Lebens. Wonach eben nicht Egoismus, Machtstreben und das Ausnutzen von Beziehungen zum Ziel führen, sondern Nächstenliebe und die Bereitschaft zu dienen.
Heute, zweitausend Jahre später wird immer noch oft der andere Weg gewählt. Menschen denken kurzfristig, misstrauen einander und wollen über den Weg des Einflusses und der Macht das Bestmögliche für sich selbst sichern.

Aber hat uns die Geschichte in diesen zweitausend Jahren nicht allzu oft gelehrt, dass Jesus Recht hatte? Gibt es nicht viele Beispiele dafür, dass Menschen, die nach größtmöglicher Macht gestrebt und ihr Handeln nach persönlichen Vorteilen ausgerichtet haben letztlich nichts Dauerhaftes erreichen konnten, ja oftmals sogar schlimmes Unheil in die Welt gebracht haben? Wurden nicht wirkliche Errungenschaften und Fortschritte dagegen häufig von Menschen erzielt, die sich in den Dienst der Sache gestellt haben, die bereit waren, auch als kleines Rädchen am großen Ganzen mitzuwirken?

Es fällt schwer, diese Wahrheit einzugestehen, denn der Reiz eine Machtposition oder ein Amt, egal wie groß oder klein es sein mag, für den eigenen Vorteil auszunutzen ist immer groß. Und auch in der Gesellschaft wird ja oftmals der Trugschluss verbreitet, dass man nur mit Einsatz der Ellbogen weiterkommt und dass derjenige, der am lautesten schreit auch Recht hat. Die heutige Medienwelt verstärkt diesen Eindruck leider allzu oft. Für uns als Christen ist das aber nicht der Weg, den wir gehen sollten.

Jesus zeigt uns auf, dass es anders geht. „Bei euch aber soll es nicht so sein,“ sagt er und wo er im Evangelium die Jünger anspricht, da meint er alle Christen, also auch uns: „Bei euch aber soll es nicht so sein sondern wer bei euch groß sein will, der soll euer Diener sein, und wer bei euch der Erste sein will, soll der Sklave aller sein.“

Das ist der Kerngedanke jedes Handelns und dessen müssen wir uns bewusst sein. Egal welches Amt man bekleidet, egal welche Aufgabe man übernimmt, es kann nie darum gehen dass man sich selbst dadurch auszeichnet. Natürlich gehört dass auch dazu, natürlich ist es immer besser, wenn man das, was man macht mit Freude tut und auch Lob und Applaus dafür bekommt, wenn man es gut macht. Aber das Wichtigste ist immer, sich in den Dienst der Sache zu stellen. Der Diener aller zu sein. Für die anderen da zu sein. Und so ist auch eine Wahl in ein Amt oder die Übertragung eines Amtes niemals Belohnung sondern in erster Linie ein Auftrag.

Der eine will rechts und der andere links sitzen. Mit Blick auf den heutigen Tag und den Vogelschuss unserer Bruderschaften ist mir da sofort eins in den Sinn gekommen. Da gibt es doch auch immer zwei Personen, die den König links und rechts begleiten, die beiden Minister. Ist das hier etwa genau so wie bei Jakobus und Johannes? Ist es dreist und unverschämt, aus dem Schatten des Schützenkönigs heraus mit im Rampenlicht stehen zu wollen? Nein, denn hier stellt sich die Situation genau anders dar, wenn man den Sinn des Ministeramtes betrachtet. Sie erfüllen eine wichtige Aufgabe. Allein schon die Bezeichnung „Minister“ drückt dies aus, denn aus dem lateinischen übersetzt heißt Minister nichts anderes als „Diener“. Und so bekleiden die Minister ihr Amt auch nicht um ihrer selbst Willen sondern als Unterstützer des Königs und mit ihm gemeinsam als ein Team. Ich glaube – die amtierenden Regenten werden das bestätigen können – es ist bei der hohen Bürde des Amtes ein gutes Gefühl zu wissen, dass man links und rechts jemanden neben sich hat, auf den man sich verlassen kann.

Und wenn ich mir jetzt Jesu Worte noch mal in den Sinn rufe: „Wer bei Euch groß sein will, der soll Euer Diener sein.“ Das haben unsere Könige und Minister, wenn wir als Schützenbrüder mal überlegen, was sie alles für uns getan haben, erfüllt. König wird man nicht, indem man den Vogel abschießt, sondern indem man sein Amt in diesem Sinne ausübt: Authentisch, engagiert für die Sache, mit Bescheidenheit aber auch mit großer Freude und Begeisterung.

Die Bruderschaften können froh sein, wenn sie auch in Zukunft Könige und Minister finden, die bereit sind, diesen Dienst aufzunehmen. Wir alle, in unserer Gemeinde, können froh sein, wenn sich überall im Umgang miteinander Leute finden, die bereit sind zu dienen. Die einem rechts und links zur Seite stehen, nicht des eigenen Vorteils wegen, sondern aus Gemeinschaftssinn und Nächstenliebe.
Amen!

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