Die Geschichte des Schiessstands
Der Schuss nach dem Vogel ist uralt. Es gibt Erklärungsversuche, die davon ausgehen, dass die Ursprünge in vorchristlichen, heidnischen Opferritualen zu suchen sind. Der Vogelschuss in Korschenbroich scheint schon früher ein großes Spektakel gewesen zu sein.
Hieran erinnert auch die Erzählung des alten Korschenbroichers Josef Bender, der in seiner Jugend – also vor dem Ersten Weltkrieg – die Herstellung des Vogels und den Vogelschuss miterlebt hat. Demnach wurde ein knorriges Stück Heckenbuchenholz grob zugehauen und an einem Draht bis zu fünf Jahre in eine Jauchegrube gehängt. Zur Fertigstellung wurde das so gehärtete Holzstück gereinigt und mit Kopf, Flügeln und Schwanz versehen.
Aus verschiedenen bruchstückhaften Berichten kann der Ablauf des Vogelschusses wie folgt rekonstruiert werden:
Die Sebastianer trafen sich eine Woche vor Pfingsten mit Trommlern, Pfeiffern und Fahnen an der Kirche, um ihren alten König in feierlichen Aufzug zum Schloß Millendonk zu geleiten. Dort wurde zur Genehmigung des Vogelschusses nachgesucht und nach Gewährung ein dreifaches „Hoch“, in den Statuten lateinisch „Salve“ genannt, ausgerufen. Anschließend gab es Bier für die einfachen Mitglieder und Wein für die Offiziere und den Vorstand. Danach zog man zur Schießrute.
Das einzige bekannte Bild der alten „Schetruut“
Die Schießrute, Schetruut genannt, stand am Weg vom Dorf Korschenbroich nach Herrenshoff, wo heute noch ein kleines Wäldchen den Standort erahnen lässt. Geschossen wurde in Richtung Zollhaus. Die hinter dem Stand befindlichen Wege wurden zur Sicherheit kurzerhand gesperrt. Das Schiessen fand mit schweren Vorderladerbüchsen statt, von denen eine erhalten geblieben ist und sich im Besitz der Firma Hintzen befindet. Das Laden der Vorderlader erfolgte an einem eigens hierfür vorgesehenen Ladetisch und wird wohl sehr aufwendig und zeitraubend gewesen sein. Daher wurde mit mehreren Gewehren gleichzeitig geschossen. Hierdurch war es dann natürlich auch möglich, dass mehrere Schüsse gleichzeitig fielen und dadurch der Schütze, bei dem der Vogel gefallen war, nicht zweifelsfrei bestimmt werden konnte. So ist auch das Zitat aus dem Jahre 1860 im Protokollbuch zu erklären: „Sollte ferner der Fall vorkommen daß beim Vogelbeschuß zu gleicher Zeit mehrere Schüße fallen, so müßen die Beteiligten sofort hierüber losen.“ Trotz des gewaltigen Beschusses mit den Vorderladerbüchsen mit nahezu 2 cm Kaliber widerstand das in der Jauchegrube gehärtete Holz lange und erst nach mehreren Stunden zeigten sich die ersten Risse und der Vogel fiel.
Nach dem Vogelschuss zog man mit gleicher Ordnung zurück ins Dorf, wo dann im Weinhaus der neue König gebührend gefeiert wurde.
Der langwierige Ablauf des Schiessens wird vermutlich auch der Grund dafür sein, dass die Junggesellen und die Sebastianer an zwei verschiedenen Terminen ihren Vogelschuss abhielten.
Bis zum Jahre 1912 wurde der Vogel an der alten Schiessrute geschossen. Dann wurde ein Schiessen dort durch die Behörden aufgrund Sicherheitsbedenken nicht mehr zugelassen. Bereits das Schiessen 1912 wurde nur aufgrund einer letztmaligen Ausnahmegenehmigung gestattet.
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